Hitze, Kälte, Regen - Marathontraining bei jedem Wetter

Noch 140 Tage bis Rainer Ziplinsky, Gründer von ZIPPEL’S Läuferwelt noch einmal einen Marathon laufen will. Und das mit 70 Jahren! Er hat sich hohe Ziele gesetzt und ist fest entschlossen, die 42,195 Kilometer in unter 3:30 Stunden zu schaffen. In diesem Blog berichtet er über seine Vorbereitung, seine Ziele und von den Höhen und Tiefen, dass das Lauftraining mit sich bringt.

Die letzte Woche war wieder eine, die ganz anders kam als von mir geplant. Montag und Dienstag bin ich noch auf Teneriffa bei guten Laufbedingungen zwölf bzw. fünfzehn Kilometer gelaufen. Eigentlich wollte ich auch am Mittwoch, unserem Abreisetag noch eine Stunde laufen. Aber aufgrund von diversen Dingen, die noch erledigt werden mussten, habe ich dann doch schweren Herzens aufs Laufen verzichtet. So weit ist es schon wieder gekommen, ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht gelaufen bin. Aber dieses schlechte Gefühl hat auch Vorteile, ist es doch eine der Triebfedern für ein regelmäßiges Training. Bei einer Temperatur von jeweils einem Grad bin ich am Donnerstag zwölf und am Freitag elfeinhalb Kilometer gelaufen. Nach vierzehn Tagen laufen in kurzen Hosen und Shirt war es schon eine Umstellung, jetzt wieder gut eingepackt in Wintertextilien und mit Handschuhen und Mütze an der Kiellinie zu laufen.

Am Freitagmittag sollte ich dann meine dritte Impfung zur Auffrischung gegen das Covid-19-Virus erhalten. Die Empfehlung der Ärztin war, 48 Stunden Laufpause einzuhalten. Den Sonnabend hatte ich somit als Pause schon fest eingeplant, wollte dann aber eigentlich am Sonntag wieder eine meiner gewohnten Runden drehen. Mir ging es nach der Impfung gut, hatte weder Fieber noch Husten oder Schnupfen. Lediglich das Gefühl von Abgeschlagenheit und fehlende Energie waren in den Tagen nach der Impfung zu beklagen. Deshalb setzte ich auch noch am Sonntag mit dem Training aus. Meine innere Unruhe, nun zwei Tage nicht gelaufen zu sein, führte aber am gestrigen Montag dazu, es wieder mit dem Laufen zu versuchen. Ich wollte es vorsichtig angehen lassen und nur fünf oder sechs Kilometer in einem gemäßigten Tempo laufen. Am Ende wurden es sieben Kilometer in einem Tempo von 5:39 Minuten. Also hatte ich meine eigene Vorgabe erfüllt. Nur von Schonung konnte ich nicht sprechen. Schneller als meine gelaufene Zeit zu sein wäre mir nicht oder nur unter größten Anstrengungen möglich gewesen. Ich hatte diese Zeit zwar in etwa geplant, war aber davon ausgegangen, dass ich mit einer deutlichen Leistungsreserve und ohne große Anstrengung laufen würde. Und jetzt war überhaupt nicht mehr drin! Meine einzige Erklärung für diese schwache körperliche Verfassung ist logischerweise die Impfung. Vermutlich wird der Körper bei der Aktivierung der Immunabwehr und der Produktion von Antikörpern doch ordentlich geschwächt. Ich denke, dass wir Läuferinnen und Läufer durch unser gut entwickeltes Körpergefühl diese Schwächung viel bewusster wahrnehmen als Menschen ohne sportliche Betätigung. Trotzdem habe ich ab jetzt für die nächsten Tage wieder tägliche, aber kurze Läufe geplant und bin gespannt, wie und wann mein Körper sich nach dieser notwendigen Impfung erholt. 

Bei dem jetzigen Wetter und den aktuellen Temperaturen spüre ich wieder, wie empfindlich ich gegen Kälte geworden bin. Vom häufigen Regen und der ständigen Dunkelheit in dieser Jahreszeit will ich gar nicht erst reden. In diesem Zusammenhang kommen natürlich wieder alte Erinnerungen in mir hoch. Unter welchen Bedingungen sind wir früher bloß gelaufen? Wochenlang haben wir im Winter bei teilweise hohen Minusgraden und Schnee und Eis trainiert und sind Woche für Woche hohe Kilometerumfänge gelaufen. Vom Dezember bis zum März fand eine intensive Crosslaufsaison mit regelmäßigen Rennen statt. Häufig waren die Laufstrecken mitten in der Natur platziert und es gab keine Möglichkeit, sich in einer Sporthalle umzuziehen oder nach den Rennen heiß zu duschen. Alles fand draußen statt. Nach den Läufen, bei denen die Langstrecke normalerweise zwischen zehn und zwölf Kilometer betrug, kamen wir meisten völlig erschöpft und durchgefroren ins Ziel. Wegen fast erfrorener Hände und Finger war ich oft nicht in der Lage, den Reißverschluss meiner Trainingsjacke hochzuziehen oder die Schnürsenkel meiner Spikes zu lösen. Vielleicht hat der ein oder andere Leser einmal erlebt, welche Schmerzen diese kalten Finger verursachen können. Obendrein sind wir die Cross-Läufe wie im Sommer die Bahnläufe in leichter Wettkampfkleidung, sprich kurze Hose und Trikot gelaufen. Aus heutiger Sicht war das vermutlich unverantwortlich. Aber damals gehörte es zur Normalität und hat auch noch Spaß gemacht. Selbst für mich ist das heute alles unvorstellbar und ich frage mich: Wie konnte ich das damals gut finden und Spaß daran haben? Bin ich heute völlig verweichlicht? Ist es auch eine Erscheinung meines Alterungsprozesses? Wie dem auch sei, ich möchte diese schöne Phase meines Lebens nicht missen und erinnere mich gerne daran zurück.

Wochenkilometer: 50,7 km

Kilometer insgesamt: 1661,7 km

Auf Instagram und Strava könnt ihr noch mehr über meine Marathonvorbereitung erfahren.

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Comments

  • ja, das waren Zeiten! Ich erinnere mich gerne zurück!

    Posted vor 2 Jahre by Rainer Ziplinsky
  • Ist in der Tat so, dass du im Alter sowohl hitze- als auch kaelteempfindlicher wirst. Teile deine schoenen Erinnerungen an die Crosslaeufe. Undenkbar als ambitionierter Laeufer in Tights zu laufen. Gab es damals auch nur wenige, erinnere mich aber an Ron Hill Tracksters

    Posted vor 2 Jahre by Peter Buehler

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